Entscheidung des VGH Baden-Württemberg in Sachen Kirchensteuer ist kirchenrechtlich ohne Bedeutung

Nach wie vor können Gläubige, die an der vollen Einheit „im Glauben, in den Sakramenten und in der kirchlichen Leitung“ festhalten, vor dem Staat ihren Austritt aus der Kirche erklären, ohne dafür von der Kirche exkommuniziert zu werden.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg in Bezug auf den vom Freiburger Kirchenrechtler Prof. em. Dr. Hartmut Zapp erklärten „modifizierten Kirchenaustritt“ spielt kirchenrechtlich überhaupt keine Rolle. Dies erklärte der Initiativkreis katholischer Laien und Priester im Erzbistum Hamburg (IK Hamburg). Auch hat der VGH in Mannheim in seiner Pressemeldung zur aktuellen Entscheidung selbst sehr klar festgestellt:

„Von den staatlichen Gerichten nicht zu entscheiden ist die Frage, welche Folgerungen die Kirchen aus einer gegenüber den staatlichen Stellen abgegebenen Kirchenaustrittserklärung ziehen. Ob es, wie anlässlich des Verfahrens in der Öffentlichkeit diskutiert, eine Kirchenmitgliedschaft ohne Kirchensteuerpflicht geben kann, ist allein eine innerkirchliche Angelegenheit, die hier im Fall der katholischen Kirche nach kanonischem Recht zu entscheiden ist.“

Konkret bedeutet das: Auch wenn Zapp vor dem VGH kein Recht bekommen hat, kann er wie jeder andere Katholik problemlos erneut vor dem Staat seinen Austritt aus der katholischen Kirche erklären, egal ob das Standesamt dann einen Vermerk über einen „modifizierten“ Austritt anbringt oder nicht. Entscheidend für einen Katholiken ist vielmehr, ob ein sog. Kirchenaustritt vor dem Standesamt automatisch eine innerkirchliche Wirkung in Form der Exkommunikation entfaltet. Dies ist nicht der Fall. Denn entscheidend ist einzig und allein die kirchliche Wertung dieses „Kirchenaustritts“ von allerhöchster Stelle. Und die ist seit dem römischen Schreiben aus dem Jahre 2006 klar und kann auch durch dazu widersprüchliche Erklärungen von Bischöfen oder Bischofskonferenzen nicht außer Kraft gesetzt werden. Wörtlich heißt es in dem Schreiben:

„1. Der Abfall von der katholischen Kirche muss, damit er sich gültig als wirklicher ‚actus formalis defectionis ab Ecclesia’ darstellen kann, auch hinsichtlich der in den zitierten Canones vorgesehenen Ausnahmen, konkretisiert werden in:
a) einer inneren Entscheidung, die katholische Kirche zu verlassen;

b) der Ausführung und äußeren Bekundung dieser Entscheidung; c) der Annahme dieser Entscheidung von seiten der kirchlichen Autorität.“ (Schreiben des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte v. 13. März 2006, Prot. N. 10279/2006).

Ein Abfall liegt im Fall Zapp nicht vor, denn: „Es wird überdies verlangt, dass der Akt von dem Betroffenen schriftlich vor der zuständigen kirchlich katholischen Autorität bekundet wird: vor dem Ordinarius oder dem eigenen Pfarrer“ (ebd.). Zapp hat aber stets erklärt, dass er die katholische Kirche als Kirche nicht verlassen will und dies auch gegenüber dem Freiburger Erzbischof im Sinne des genannten römischen Schreibens aktenkundig gemacht.

Tatsächlich heißt „Kirchenaustritt“ für die Kirche außerdem immer nur Austritt aus der Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts, egal ob mit Zusatzerklärung oder nicht. Denn es gilt der Grundsatz: Semel catholicus – semper catholicus: einmal katholisch – immer katholisch, so wie ihn Papst Benedikt XVI. mit dem Motu proprio „Omnium in mentem“ vom 26.09.2009 erneuert hat. Selbst eine Exkommunikation zieht theologisch, aber auch kirchenrechtlich keinen Ausschluss aus der Kirche nach sich, sondern hat für den betroffenen Gläubigen nur eine Minderung seiner Rechte in der kirchlichen Gemeinschaft zur Folge.

Im Übrigen geht es vielen Katholiken, die den formalen Akt des sog. Austritts vollziehen oder vollziehen wollen, nicht darum, sich mit diesem Schritt innerlich wie äußerlich von der Kirche abzuwenden. Sie wissen zudem, dass sie auch ohne Kirchensteuer „für die Erfordernisse der Kirche Beiträge zu leisten“ haben (c. 222 § 1 CIC), wie das kirchliche Gesetz es vorschreibt, diese aber nach eigenem Erwägen unterschiedlichen kirchlichen Zwecken zukommen lassen können.

Zusammengefasst bedeutet das: In der Sache hat sich durch die Entscheidung des VGH nichts geändert. Gegenüber ihren Gläubigen können sich die Bischöfe nicht auf den VGH stützen, sondern sie sind vielmehr an das von Papst Benedikt XVI. approbierte Schreiben des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte von 2006 gebunden. Und dies macht alle gegenteiligen Erklärungen der Deutschen Bischofskonferenz ungültig und unwirksam. Roma locuta, causa finita.

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